Liebe, Wissen, Menschen.

Vorträge

Diaspora Gruppen – Akteure des Friedens?

Tagung der Evangelischen Akademie Loccum vom 1. bis 3. Dezember 2017

Chancen und Risiken von Diaspora – Engagement für die zivile Konfliktbewältigung

Zivile Konfliktbearbeitung hat eine elementare Chance noch nicht richtig ergriffen: Diaspora. Diaspora-Gruppen kennen sich aus. Sie haben Kontakte. Sie wissen, wie es um Minderheiten und Konflikte in ihren Herkunftsländern steht. Wie kann die Krisenprävention und Friedensarbeit verstärkt in dieses Thema einsteigen? Zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Diaspora-Organisationen, die in Syrien, Afghanistan und auf dem Westbalkan aktiv sind, wollen wir während der Tagung gemeinsam Antworten auf diese Frage finden. Dabei interessieren uns insbesondere folgende Fragen:

  • Fördern Diaspora-Gruppen den Frieden oder verschärfen sie Konflikte in ihren Heimatländern?
  • Unter welchen Umständen können Diaspora-Gruppen zur Krisenprävention und Friedensförderung beitragen?
  • Wie kann Friedensengagement von Diaspora-Organisationen gezielt gefördert werden?

Das Program

http://www.loccum.de/programm/archiv/p1776.html

Herausforderungen zu nachhaltigen Frieden in Afghanistan

Vortrag von Dr Yahya Wardak

Viele Kenner des Landes wie z.B. der ehemalige UN-Vertreter in Kabul Herr De Mistura sagt: „No military solution to the Afghan Problem“.

Offiziell setzt man leider immer noch auf Militär und militärische Lösung des Krieges in Afghanistan. Nach 16 Jahren NATO-Engagement und trotz Hilfe in Milliarden Höhe ist Afghanistan eines der unsichersten Länder der Welt und die Lage wird von Jahr zu Jahr immer schlechter. Deutschland und andere EU-Staaten folgen der US-Politik in Afghanistan und haben leider selber keine eigene Politik.

Afghanistan und der afghanische Staat hängen am Tropf der internationalen Gemeinschaft sowohl militärisch als auch entwicklungspolitisch. Sobald diese Hilfe eingestellt wird, besteht die akute Gefahr, dass die gesamten Erfolge der letzten 15 Jahre zunichtegemacht werden. Es wurden keine nachhaltigen Strukturen geschaffen, die selbst ohne ausländische Unterstützung weiterbestehen können.

Handlungsempfehlungen

  1. Die deutsche Regierung muss zuerst selber erkennen, dass in Afghanistan mit dem Krieg, kein Frieden zu erreichen ist. Und dann innerhalb der Europäischen Union darauf verständigen und eine gemeinsame EU-Afghanistan-Strategie entwickeln. Kernpunkt sollte es sein, dass der Krieg in Afghanistan nicht mit militärischen Mitteln zu gewinnen ist.
  2. Auch die afghanische Regierung, politische Parteien, Politiker und Zivilgesellschaft sollten zu dieser Erkenntnis kommen und die Kriegseinsätze baldmöglichst stoppen und einen nationale Friedens- und Versöhnungsprozess einleiten und vorantreiben. Es sollte baldmöglichst mit friedlichen, politischen Mitteln wie z.B. Verhandlung mit allen Kriegsparteien, darunter auch Taliban, begonnen werden.
  3. Alle im Ausland lebenden Afghaninnen und Afghanen und auch die Diaspora sollten diesen Prozess aktiv unterstützen.
  4. In Bezug auf Afghanistan trifft die deutsche Politik momentan Entscheidungen ohne den Dialog mit Diasporaorganisationen zu suchen. Ein solcher Austausch könnte zu besserem Verständnis und adäquater Gestaltung der Politik und damit zu besseren Ergebnissen führen.
  5. Diaspora-Projekte in Afghanistan sollten gezielter gefördert werden. Die Vernetzung und der Austausch der Diaspora-Organisationen in Deutschland untereinander sollte unterstützt werden.

Mögliche Maßnahmen und Art der Unterstützung für Friedensengagement

In Afghanistan:

  1. Unterstützung unserer Publikationen zum Thema Gewaltfreiheit im Islam und die Person Ghaffar Khan
  2. Die Autobiographie, Zitatensammlung sowie einige weitere Bücher von und über Ghaffar Khan wurden in Afghanistan publiziert.
  3. Gemeinsam mit dem Peace Department of NCPR (National Centre of Policy Research) at Kabul University und mit der Kooperation des Zivilen Friedensdienstes (ZFD, ein GIZ-Projekt) wurde die Autobiographie in beiden afghanischen Sprachen Pashto und Dari übersetzt und im Jahr 2016 publiziert und landesweit kostenfrei verteilt. Danach wurden mehreren Vorlesungen wie z.B. an der Universität Kabul und Universität Nangarhar (Ostafghanistan) gehalten.
  4. Im Jahre 2017 wurden gemeinsam mit dem Peace Center of Nangarhar University zwei kleine Bücher (Khan Ghaffar Khan Apostle of Nonviolence by N Radhakrishnan & Two Servants of God by M Desai) auf Englisch und Pashto herausgebracht. Die Druckkosten kamen hier auch vom ZFD (Ziviler Friedensdienst, GIZ).
  5. Gemeinsame Projekte mit dem Centre for Non-Violence in Afghanistan
  6. Es sind weitere Publikationen in Arbeit und auch einige druckfertig. Meine Zitatensammlung wird zurzeit in Pakistan ins Urdu übersetzt und wird dort vom Baacha Khan Trust Research Centre herausgegeben.

In Deutschland

  1. Unterstützung unserer Publikationen über Ghaffar Khan und Gewaltfreiheit im Islam. Hier ist erwähnenswert, dass wir bereit im Jahr 2012 die Autobiographie von Ghaffar Khan ins Deutsche übertragen und publiziert haben. Gemeinsam mit der evangelischen Akademie im Rheinland wurde 2014 eine gemeinsame 2-tätige Veranstaltung (Gewaltlosigkeit im Islam Wie sich Muslime für den Frieden einsetzen. 16. bis 17.11.2012) organisiert.  Die Dokumentation der Tagung ist als Buch bei Springer 2015 erschienen: Jörgen Klußmann, Muhammad Sameer Murtaza Holger-C. Rohne & Yahya Wardak (Hrsg.) Gewaltfreiheit, Politik und Toleranz im Islam.
  2. Neue Forschungen und Veranstaltungen zu Ideen von Ghaffar Khan und Gewaltfreiheit im Islam und seine Bedeutung als Prävention gegen Jahrzehnte andauernde Kriege, Spirale der Gewalt und islamischen Extremismus.
  3. Ich habe im März in der Öffentlichen Bücherei St. Gallus am Bodensee einen Vortrag über Ghaffar Khan gehalten.
  4. Es sind weitere Publikationen in Arbeit und auch einige druckfertig. Wir haben z.B. GHAFFAR KHAN. GEWALTFREIER BADSHAH DER PASCHTUNEN ins Deutsche übersetzen lassen und seit 2 Jahren warten wir, dass diese gedruckt werden.
  5. Weiterer Informations- und Erfahrungsaustausch und gemeinsame Veranstaltungen mit anderen Diaspora-Organisationen wie z.B. syrischen und irakischen.

Yahya Wardak, Bonn, November 2017