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Afghanistan – Ein erschütternder Bericht über die Folgen von Krieg

Wieder erreicht uns ein erschütternder Bericht, der einen sogenannten “Kollateralschaden” aus erster Hand beschreibt. Es ist ein ganz persönlicher Bericht von Fatima Wardak aus Afghanistan. Sie zeigt, wie die Praxis von Krieg aussieht. Fatima Wardak ist die Frau von Yahya Wardak, der schon zweimal bei Veranstaltungen der Friedensinitiative, Würselener Initiative für den Frieden, aus Afghanistan berichtet hat. Seit dem letzten Jahr ist er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern wieder in Afghanistan und kümmert sich dort unter anderem um bessere Ausstattung von Bildungseinrichtungen

von Fatima Wardak

Lieber Herr NN,
am letzten Montag 21.02.11 kam ein Verwandter namens Patang Momand 40 jahre alt zusammen mit seiner Frau und 4 Kindern (2 Mädchen und 2 Jungen) ums Leben. Herr Momand wurde von einer amerikanischen Bombe getroffen. Drei seiner Kinder überlebten das Bombardement.

Herr Momand gehörte weder zu den Taliban noch zu irgendeiner anderen terroristischen Organisation. Ganz im Gegenteil – Er hat in einem amerikanischen Stützpunkt im District “Khogeini” gearbeitet und gegen die Taliban gekämpft. Nachdem sein Haus um 12 Uhr in der Nacht von einer Bombe getroffen war, hatte er erst Frau und vier Kinder verloren und war zunächst selbst schwer verletzt. Er rief bei Verwandten an und bat um Hilfe. Als ein Verwandter eilte und ihn ins Krankenhaus transportierte vergingen 3 Stunden und er verliert viel Blut. Auf dem Weg ins Krankenhaus, das in einiger Entfernung liegt, nämlich in der nächsten größeren Stadt die Jalalabad heißt, wird das Fahrzeug von amerikanischen Soldaten angehalten. Der Fahrer des Wagens wird von ihnen zusammen geschlagen und man wirft ihm vor ein “Talib” zu retten und ins Krankenhaus zu fahren. Nachdem der Mann ihnen versichert, dass es nicht um ein “Talib” handelt sondern um ein Mitglied der afghanischen Armee und er den Soldaten noch die toten Kinder zeigt die im Auto liegen, lassen sie ihn weiter fahren. Im Krankenhaus angekommen stirbt er wenig später an seinen Verletzungen.

Solche Geschichten hört man immer wieder von Afghanen, zuletzt in Kunar mit über 50 Menschen die starben, darunter viele Frauen und Kinder. Angeblich hätten die Amerikaner dazu gesagt, dass die Dorfbewohner selber ihre Kinder verstümmelt hätten. Im Falle von Herr Momand und seiner Familie weiß ich jedoch aus erster Hand, da ich die Geschichte von eigenen Verwandten gehört habe und sie selbst die sechs Menschen begraben haben, nämlich im District “Goshta” in meinem Heimatdorf im Osten des Landes.

Bekämpfung des Terrorismus schön und gut, aber bitte nicht schon wieder auf Kosten vieler unschuldiger Afghanen. Ich habe Herrn Momand als einen sehr freundlichen und gütigen Mann in Errinnerung, da ich ihn im Juni 2010 persönlich kennen gelernt habe und bin über sein Schicksal sehr betroffen. Diese Informationen stammen aus erster Hand und zudem wurde in den Medien auch über diesen Vorfall berichtet bei dem Bilder der toten Menschen gezeigt wurden. Seine gesamte Familie hat nichts mit den Taliban zu tun, aber in Folge dieses Angriffs fielen im sozialen Umfeld dieser friedfertigen Familie Begriffe wie Märthyrer und Rache.

Als westlich geprägte Afghanin finde ich eine solche Entwicklung sehr traurig. Solche Ereignisse führen dazu, dass man dem Terrorismus nicht bekämpft sondern dafür Nährboden bereitet. Durch solche Vorfälle werden sowohl die Mitarbeiter vieler Organistionen als auch Soldaten gefährdet.

Lieber Herr NN, ich möchte Sie bitten diesen Vorfall der mich persönlich sehr betrifft und mir sehr am Herzen liegt, an viele Menschen weiterzuleiten damit solche Tragödien sich nicht mehr wiederholen.

Mit besten Grüßen
Fatima Wardak

Hinweis:  www.afghanic.de