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Vorträge

CIM-Forum 2018: Afghanische Diaspora für Entwicklung in Hamburg

Erwartungen und Interessen seitens afghanischen Diaspora in Deutschland

Vorgetragen im Rahmen des Forums in Hamburg von Dr Yahya Wardak, Afghanic e.V.

Lassen sie mich mit einem Lob und Kritik mein Kommentar beginnen:

Kritik: Es ist sehr Schade, dass die afghanische Regierung in den letzten 16 Jahren versäumt hat das Potenzial der afghanischen Diaspora im Ausland zu erkennen, sich Systematisch um diese Kümmern und aktiv am dem Wiederaufbau Afghanistans zu beteiligen und langfristig an ihren Ursprungsland binden.

Auch gab es leider von deutschen Seite nicht ausreichend gute Programme, in dessen Rahmen  die Bereitschaft vielen willigen Afghaninnen und Afghanen zu unterstützen, sich in Afghanistan zu engagieren.

Lob: Umso mehr freue ich mich heute dass,  jetzt (endlich) sowohl Afghanistan Das auch die Bundesrepublik Deutschland Sich Gedanken machen, wie können sich Auslandsafghanen  bei der Entwicklung ihres Ursprungslandes zu beteiligen

Ich erwähne hier einige Wichtige allgemeine Faktoren oder Rahmenbedingungen, denen sich die Politik in den beiden Ländern bewusst sein müsste.

  1. In Afghanistan: Trotz großen Anstrengungen der Internationalen Gemeinschaft und Afghanen, es ist leider nicht gelungen Frieden, Stabilität und Ordnung in Afghanistan zu schaffen. Vor allem die Sicherheitslage wird nicht besser, eher vom Jahr zu Jahr schlechter.
  2. In Deutschland lebende Afghanen haben hier ihre Wurzel geschlagen und für die meisten ist Deutschland das neue Heimat geworden und die allermeisten werden nicht hier alle Zelte abbrechen und abbrechen wollen, um nach Afghanistan gehen und dort Sesshaft werden.
  3. Aber trotzdem gab es und gibt es immer viele Afghaninnen und Afghane, deren Herz immer noch für Afghanistan schlägt, großes Interesse und vielen Kontakte zur alten Heimat pflegen. Manche reisen dorthin regelmäßig und Privat oder auch mit anderen Afghanen und deutschen Freunden in Vereinen und den Bedürftigen in vielfältiger Weise unterstützen und wertvolle Hilfe leisten.
  4. Unsere alte Heimat ist nach wie vor einer der ärmsten Länder der Welt und hat in allen Bereichen große Bedarfe an Unterstützung und Entwicklung. Unsere alte Heimat hängt an Tropf der internationalen Gemeinschaft und ohne diese Infusion ist leider nicht in der Lage für sich selbst zu sorgen, Afghanistan und der afghanische Staat hängen am Tropf der internationalen Gemeinschaft sowohl militärisch als auch entwicklungspolitisch und das trotz Milliarden Hilfen, auch aus Deutschland. Sobald diese Infusion (Hilfe) eingestellt wird, besteht die akute Gefahr, dass die gesamten Erfolge der letzten 16 Jahre zunichtegemacht werden. Es wurden leider nicht viele nachhaltige Strukturen geschaffen, die selbst ohne ausländische Unterstützung weiterbestehen können.

Umso wichtiger und wertvoller ist jede Unterstützung. Unsere Heimat braucht uns heute und jetzt!

Bevor wir mit einem neuen Programm beginnen, sollten wir aus den alten Programmen wie das Fachkräfteprogramm der 90er und Reintegrationsprogram von ZAV nach 2001, zwei CIM-Programmen (Integrierte Fachkräfte & Rückkehrende Fachkräfte)  und auch die Erfahrungen der anderen Diaspora näher kennenlernen, um Fehler zu vermeiden und auch effektiver zu arbeiten.

Die Herausforderung wird sein, wie können wir die Probleme der Afghanen in Afghanistan mit Einbeziehung und Unterstützung der Afghanen in Deutschland nachhaltig lösen.

Die Arbeitsbereiche und die Vorgehensweise sollten nicht nur von den Wünschen, Know-How der Auslandafghanen ausgehen, sondern von Anfang von den lokalen Gegebenheiten und Problemlösungsmöglichkeiten ausgehen.

Erlauben sie mir ein Praxisbeispiel der Wissensbrücke zwischen alten und neuen Heimat aus meiner 7 jährige Tätigkeit vor Ort:

Diese Bücher (Breast Cancer, Medical Terminology, Cartography, Arthropods, Organic Chemistry) wurden von in Deutschland lebenden Afghanen geschrieben, getippt, layoutet und ohne Honorar für afghanischen Universitäten freigegeben. Wir haben diese wertvolle Stoffe nach Afghanistan gebracht, dort von den Afghanen Universitäten und Dozenten begutachtet und nach deren schriftlichen Gutachten und Freigabe mit Unterstützung aus Deutschland, sowohl öffentliche (AA, DAAD, GIZ, CIM, Ruhr Universität Bochum) als auch private Träger vor Ort gedruckt und landesweit den afghanischen Universität kostenfrei verteilt. Insgesamt sind bisher 260 Lehrbücher entstanden und die meisten dieser Bücher kommen aber von den afghanischen Dozenten in Afghanistan.

Von der afghanischen Seite sind das Hochschulministerium in Kabul und die 8 größten afghanische Universitäten (Kabul University, Kabul Medical University, Kabul Polytechnic University und die Universitäten in Nangarhar, Khost, Kandahar, Herat, Balkh & Kapisa) Beteiligt.

Zurzeit warten 10 solche von hier lebenden Afghanen geschriebene Bücher warten auf eine Finanzierung.

Über „Was“ und „Wie“ sollten wir in einer weiteren Diskussionsstunde besprechen.

  • Auslandsafghanen sollten mehr in den EZ-Projekten der verschiedenen Situationen wie AA, BMZ, GIZ integriert werden.
  • Die afghanische Regierung sollte sich zuerst über das vorhandene Kapital der Diaspora besser informieren, diese erfassen und das Potenzial und Vorzüge erkennen und diese motivieren sich in Afghanistan zu engagieren und diese auch selber ermöglichen.
  • Bessere und leichtere Zugang zu Bevölkerung und Institutionen, da keine sprach- und Kultur-Barrieren Existieren.
  • Die afghanische Botschaft im Berlin und die Konsulate in Bonn und München als auch die deutsche Botschaft in Kabul könnte auch hier eine viel aktivere Rolle spielen.
  • Mehr Informationen und Aufklärung über den Afghanischen Medien und Institutionen, um die falsche Behauptung entgegen zu wirken, dass die Kämmen um nur Geld zu verdienen.
  • Die Deutsch-Afghanen haben andere Sicherheitsrisiken, daher sollten die auch anders behandelt werden.

Die bereitwilligen Auslandsafghanen könnten in folgenden Gebieten weitergebildet werden.

1 – Fachliche Auffrischung ihrer Fachkenntnisse

2 – Sprache: Manche jüngeren Afghaninnen und Afghanen können leider nicht in afghanischen Sprachen lesen und schreiben

3 – Kulturell: Die heutige afghanische  Gesellschaft ist eine andere wie von damals, daher ist es sinnvoll eine Vorbereitung und Sensibilisierung in interkulturellen Fragen

5 – Projekt Management

Mein Appell an die Landsleute, die aus welcher Gründen  nicht nach Afghanistan gehen wollen oder werden:

Man muss nicht nach Afghanistan reisen, um zu helfen, man kann auch hier sehr viel für das Land und Leute machen. Hier nur zwei mögliche Einsatzbereiche:

  1. Schließen Sie sich andere Initiativen und untersetzten Sie deren Arbeit in Afghanistan. Dies kann sowohl finanziell als auch ideal geschehen.
  2. Vergessen Sie nicht, woher Sie gekommen sind. Bringen Sie ihre nächste Generation unsere Kultur und Sprachen bei. Das ist ein wertvolles Gut, dass Jahrtausende weitergegeben wurde. Das ist Amanat (Leihgabe) unserer Urahnen an den Kindern!

Fazit: Die afghanische Diaspora  hat in vergangen Jahren ihren Beitrag zur Entwicklung Afghanistan geleistet, leistet auch jetzt. Diese Beiträge sind in den meisten Fällen individuell, familiär oder in kleinen Vereine  geleistet wurden ohne großer Beteiligung der staatlichen Akteure in Deutschland und Afghanistan.

In Afghanistan besteht nach wie vor dringenden Bedarf an Unterstützung und Entwicklung und auf die anderen Seite gerade in Deutschland ist sowohl das Potential als auch die Bereitschaft da, sich an der Entwicklung Afghanistans zu beteiligen.

Daher ich begrüße sehr, dass sowohl von afghanischer als auch von deutscher Seite Gedanken gemacht wird, wie können wir alle gemeinsam diesen Beitrag effektiver gestalten, weil gemeinsam sind wir stark!

Dr Yahya Wardak, Hamburg, 26. Januar 2018